Queer

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Queer [kwɪ(ə)r], Adj. <lat.-engl.>: dt. ursprünglich: eigenartig, merkwürdig, seltsam, komisch; Ursprünglich im Englischen als Begriff verwendet, um Homosexuelle oder nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechende sexuelle Ausrichtungen zu diffamieren.

Der Verband “Queere Vielfalt” erläutert “Queer” als Sammelbegriff für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen.

Er steht für einen neuen kritisch theoretischen Zugang zum Feld nicht-normgerechter Sexualitäten.

(Volker Woltersdorff alias Lore Logorrhöe, 2003)

Der Begriff “Queer” wendet sich darüber hinaus gegen alle Versuche, Geschlechtlichkeit als etwas Normatives zu betrachten. Er betont damit nach Judith Butlers Auffassung die Begrifflichkeit von “Geschlecht” bzw. “Gender” als performative Praxis und nicht als identitäre Zuschreibung einer Person. Damit ist der Begriff stark mit den Theorien des Poststrukturalismus und Foucault verbunden, die davon ausgehen, dass es weder identitäre autonome Subjekte noch objektive Wahrheiten gibt. Sie sehen diese Festlegung innerhalb der Gesellschaft als eine machtpolitische Strategie, welche die Vielfalt der Erscheinungen und die Veränderbarkeit der Welt aus Angst vor Kontrollverlust normativ festschreibt.

Deshalb sollte auch der Begriff selbst fluide und performativ bleiben und keine klar begrenzte Definition erhalten. Die Zuordnung des Begriffes “queer” ist demnach nicht eindeutig festgelegt, sondern sollte sich je nach Auslegung und gesellschaftlichen Bedingungen weiterentwickeln.

Der Begriff entstand Ende der 1980iger Jahre in den USA. Die negative Konnotation wurde provokativ als Selbstbezeichnung umgedreht und konnte so positiv gedeutet werden. Auf der anderen Seite sollte er die homogenisierten Darstellungen nicht-heterosexueller Lebensformen kritisieren und die immer mehr einseitig normativ gebrauchten Begriffe der Lesben und Schwulen aufbrechen, da verschiedene Gruppen, wie Transgender und Intersexuelle im Laufe der Diskurse eine eigene Repräsentation forderten. Insofern wird er auch als Erweiterungsbegriff für die LGBTQ+ Bewegung gesehen, wenn sich Menschen nicht eindeutig geschlechtlich oder sexuell zuordnen lassen möchten.

Teresa de Lauretis war die erste, die 1991 “queer” in diesem Sinne anlässlich einer Schwerpunkt-Nummer der feministischen Zeitschrift 
differences, welche sich mit lesbischen und schwulen Sexualitäten beschäftigte, verwendete.

Als Selbstbezeichnung wird er aber oft auch benutzt, um eine Identität, jenseits von Kategorien wie “Mann” und “Frau” oder “heterosexuell” und “lesbisch”/ “schwul” zu bezeichnen.

Queer kann sich auch auf eine Haltung beziehen, die Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität in Frage stellt.

(LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt e.V., 2025)

Weitere Informationen

Brandes, Ulrike, und Philipp Adorf. “Kunst, Sichtbarkeit, Queer Theory.” FKW – Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur, Nr. 45 (2008): 58–66. https://www.fkw-journal.de/index.php/fkw/article/view/1118/1115 (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Eckel, Julia, et al. “Queer it up! Queere Perspektiven auf Kunst, Kultur und Gesellschaft.” Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal (2023). https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/kb/article/view/97266 (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Hecht, Eva. “Gender und Queer Studies.” Kunstchronik 77, Nr. 2 (2024): 88–94. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/kchronik/article/view/105828 (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Hieber, Lutz, und Paula-Irene Villa. “Queer Theory und Kunst in den USA.” In: Gender Studies: Eine Einführung, herausgegeben von Lutz Hieber und Paula-Irene Villa, 2007, 159–178. Bielefeld: transcript Verlag. https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/72/f3/a9/oa9783839405048.pdf (zuletzt besucht: 17.06.2025).

LSVD – Lesben- und Schwulenverband in Deutschland. “Menschenrechte, Vielfalt und Respekt.” https://www.lsvd.de/de/ (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Paul, Gerhard, und Rainer Schaffer. “Mehr(wert) queer: Zur politischen Ökonomie der Differenz.” In: Queer Studies: Beiträge zur kritischen Analyse heteronormativer Ordnungen, herausgegeben von Sabine Hark und Paula-Irene Villa, 2009, 123–140. Bielefeld: transcript Verlag. https://www.transcript-open.de/isbn/1057 (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Queer Lexikon. “Deine Online-Anlaufstelle für sexuelle, romantische und geschlechtliche Vielfalt.” https://queer-lexikon.net/ (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Woltersdorff, Volker. “Queer Theory und Queer Politics.” Utopie Kreativ 156 (2003): 104–112. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Utopie_kreativ/156/156_woltersdorff.pdf (zuletzt besucht: 17.06.2025).

Über die Autorin

Urte Ehlers, M.A.

Urte ist freiberufliche Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin. Aktuell vermittelt sie Kunst an Privatsammlungen und im Europäischen Patentamt, mit einem Schwerpunkt auf Kunstvermittlung für Kinder. Im ArtVenture Club e.V. stärkt sie als Liaison für Politik & Zivilgesellschaft den Dialog zwischen den Anliegen der Kunstweltakteur:innen und gesellschaftspolitischen Diskurse, um gemeinsame Impulse für eine gerechtere und nachhaltigere Kunstwelt zu setzen.

Zitiervorgabe

Text:
Urte Ehlers

Zitiervorgabe:
Ehlers, Urte. “Queer – Kompass.” ArtVenture Club, 17.06.2025.
https://www.artventureclub.org/kunstweltkompass/q/queer/.

Verwendungshinweis:
Die Autorin erteilt die Erlaubnis, erweiterte Zitate aus dem Textmaterial zu verwenden. Im Falle eines Zitats muss die Originalquelle vollständig angegeben werden. Jede weitere Verwendung dieser Inhalte bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Urhebenden.

zuletzt bearbeitet am:
17. Juni 2025

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