Berufs-Bilder № 3

18. Februar 2025

Rahmenexperte Werner Murrer –
Zwischen Sherlock Holmes und Provenienzforschung

Der ArtVenture Club im Februar 2025

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Ein Blick über den Bildrand, der bewegt und inspiriert

Wie oft sehen wir ein Kunstwerk – und übersehen dabei den Rahmen? Bei unserer dritten Ausgabe der Berufs-Bilder hat uns Werner Murrer, Rahmenexperte, Kurator und Dozent aus München, mit seiner Leidenschaft für Rahmen eine ganz neue Perspektive eröffnet. Im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Waltraud Lenhart von Beruf Kunstvermittlung e.V. zeigte er uns: Der Rahmen ist nicht nur Beiwerk – er ist Teil der Kunst, Teil ihrer Geschichte und oft ein stiller Erzähler vergangener Zeiten.

Werner Murrer nahm uns mit auf eine Reise, die irgendwo zwischen hingebungsvollem Handwerk und akribischer Detektivarbeit liegt. Wie ein Sherlock Holmes der Kunstwelt spürt er originale Rahmen auf, rekonstruiert verloren geglaubte Fassungen und macht sichtbar, was häufig im Schatten des Bildes bleibt. Dabei spürte man in jedem seiner Worte: Hier spricht jemand, der sowohl über Rahmen redet, als auch über Werte, über das Bewahren von Geschichte und über das achtsame Sehen.

Die Diskussion berührte viele Ebenen: von der Herausforderung, originale Rahmen zu erhalten, über die Rolle von Museen und Sammlungen bis zur Verantwortung der Restaurierung. Werner Murrer sprach davon, die Zeitspuren an Rahmen zu bewahren – ein Plädoyer gegen das glatte Perfekte und für das gelebte Authentische. Besonders bewegend war sein Hinweis darauf, wie oft originale Rahmungen bei weniger bekannten Künstler:innen – vor allem weiblichen – übersehen werden. Ein Gedanke, der zum Innehalten und Nachdenken einlud.

Waltraud Lenhart lenkte das Gespräch auf die Bedeutung der Rahmenforschung für die Kunstgeschichte. Gemeinsam reflektierten sie die Herausforderungen, aber auch die Chancen für junge Kunsthistoriker:innen: Denn hier liegt ein nahezu unerforschtes Feld, ein Berufszweig, der Neugier, Ausdauer und einen geschulten Blick fordert. Werner Murrer selbst ist das beste Beispiel dafür, wie man aus Faszination und Eigeninitiative eine Berufung machen kann. Seine Erzählungen über umstrittene Rahmungen – etwa bei van Gogh im Kröller-Müller-Museum – zeigten, wie sensibel dieser Bereich ist und wie wichtig fundiertes Wissen und ein respektvoller Umgang mit dem kulturellen Erbe sind.

Neben den großen Namen der Kunstgeschichte kamen auch die zeitgenössischen Künstler:innen zur Sprache. Werner Murrer betonte kreative Lösungen, kostengünstige Alternativen und die Notwendigkeit, auch in diesem Bereich weiterzudenken. Sein Appell: Sehen lernen, hinter die Oberfläche blicken – bei der Kunst ebenso wie im Leben.

Diese Ausgabe unserer Berufs-Bilder war viel mehr als ein Gespräch. Sie war eine Einladung zum Perspektivwechsel, zum genaueren Hinsehen und zum Hinterfragen scheinbarer Nebensächlichkeiten. Rahmen, so wurde uns klar, können Brücken schlagen: zwischen Kunst und Betrachter:in, Vergangenheit und Gegenwart, Handwerk und Wissenschaft.

Mit den Berufs-Bildern möchten wir zeigen, wie vielfältig die Wege in der Kunstwelt sein können. Werner Murrer ist mit seinem Beruf ein inspirierendes Beispiel dafür, wie man mit Leidenschaft, Resilienz und einer Prise detektivischem Spürsinn die Kunstwelt bereichern kann. Für alle, die über den Bildrand hinausschauen wollen, war dieser Abend eine Bereicherung – und ein Impuls, die oft übersehenen Details künftig mit anderen Augen zu sehen. (NK)

Die Veranstaltung wurde von Waltraud Lenhart (Kunsthistorikerin und Vorsitzende Beruf Kunstvermittlung e.V., München) und Nathalie Krall (Kunsthistorikerin und Vorsitzende ArtVenture Club e.V., Düsseldorf) moderiert.

David Teniers der Jüngere (get. 1610 in Antwerpen, gest. 1690 in Brüssel), Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Galerie in Brüssel, Gemälde, 1647–1651, Öl auf Kupfer, 104,8 x 130,4 cm, Museo del Prado, Madrid, Spanien, Public Domain, Bild: museodelprado.es