Kul|tu|rell|e An|eig|nung, die: Der Begriff der kulturellen Aneignung beschreibt die Vereinnahmung von kulturellen Objekten, Ideen, Ausdrucksformen oder Lebensweisen einer sozialen Gruppe, die nicht die eigene ist.
Spätestens seit der Black-Lives-Matter-Bewegung* wird diese Art der Einverleibung als Machtausübung verstanden, die dann erfolgt, wenn wesentliche Elemente einer kulturellen Identität ungefragt übernommen werden, um sie etwa für kommerzielle Belange zweckzuentfremden. Ein respektloser Umgang mit den einverleibten Kulturelementen kann so der Identitätswahrnehmung der Betroffenen immensen Schaden zufügen, indem der historische Kontext verloren geht.
Black Lives Matter: transnationale, dezentrale, soziale Bewegung, die in den Vereinigten Staaten von Amerika entstand und die Aufmerksamkeit sich für die Sichtbarmachung von Rassismus und Diskriminierung einsetzt
Das zentrale Problem bei kultureller Aneignung liegt […] in der Beschädigung von Identität.
(Lars Distelhorst, Politik- und Sozialwissenschafter, 2016)
Die kulturelle Aneignung ist somit sowohl für die persönliche als auch für die kollektive Identität wie auch für die Wahrnehmung des Fremd- bzw. des Selbstbildes prägend und stellt einen Eingriff in die kulturelle Autonomie dar. Entsprechend kontrovers wird darüber diskutiert, was kulturelle Aneignung und was Wertschätzung anderer Kulturen ist oder ob hier überhaupt unterschieden werden sollte.
Amedeo Modigliani (*1834 in Paris – ✞1932 in Paris), Bildnis der Frau des Künstlers (Jeanne Hébuterne), Gemälde, 1918, Öl auf Leinwand, 101,0 x 65,7 cm, Norton Simon Museum Public Domain, Bild: wikimedia.org
Das Thema “Kulturelle Aneignung – Aneignung der Kunst” war Inhalt des ArtVenture Club am 19. September 2023. Unser Treffen hat gezeigt, dass Kulturschaffende entschieden gegen Cancel Culture und damit gegen Ausgrenzung sind. Stattdessen ist der kulturelle Austausch und die Unterstützung von Kunstschaffenden aller Geschlechter, Glaubensrichtungen und Lebenswelten grundlegend für die Entwicklung und Bedeutung von Kunst.
Um der kulturellen Aneignung entgegenzuwirken ist ein würdevoller, nicht wertender und sensibler Dialog zwischen den Kulturen enorm wichtig. Die Arbeit von (lebenden) Künstler:innen außerhalb des europäischen Erfahrungshorizonts sollten stärker ins Blickfeld rücken, zum Beispiel durch eine Neukontextualisierung der Museumssammlungen.
Literatur
Distelhorst, Lars, Kulturelle Aneignung. Hamburg, 2021, S. 106.
Über die Autorin
Dr. Katharina Ute Mann
Katharina studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln.
Sie forscht zu gesellschaftlich bedeutsamen Themen in der Kunst, wie Erinnerungsorte und kulturelle Aneignung, und gibt dabei den antiken Skulpturen ihre Farbe zurück.
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