Gesamtkunstwerk

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Ge|samt|kunst|werkdas: In Kunst und Kunstgeschichte ein von Künstler:innen geschaffenes Werk, das verschiedene, einander ergänzende Kunstformen und künstlerische Tätigkeitsfelder vereint und idealerweise alle Sinne anspricht. [1]

Unter “Gesamtkunstwerk” kann sich wohl jede:r etwas vorstellen. Der Begriff ist in unserer Alltagssprache angekommen und hat hier eine stark wertende Komponente: Das beeindruckende Lebenswerk von Musiker:innen oder auch ein kunstvoll tätowierter Körper werden als “Gesamtkunstwerk” betitelt.

Dabei erfordert der Begriff einen differenzierten Blick. Was bedeutet er im kunstwissenschaftlichen Kontext? Wenngleich der Begriff schon zuvor verwendet wurde – namentlich genannt sei hier der deutsche Philosoph Karl Friedrich Eusebius Trahndorff (1782–1863) –, taucht bei der Recherche zum Thema “Gesamtkunstwerk” immer wieder ein Name auf: Richard Wagner (1813–1883).

Der deutsche Komponist führte das Konzept 1849 in seinem Essay “Das Kunstwerk der Zukunft” aus und überführte die theoretischen Gedanken Trahndorffs mit seinen Opern in die Praxis: Das Gesamtkunstwerk beschreibt nach Trahndorff und Wagner die Integration mehrerer Kunstformen, zum Beispiel Malerei, Musik, Architektur und Theater. Durch die Verflechtung verschiedener Künste solle eine Synthese entstehen und eine Trennung der Künste überwunden werden.

In diesem Gedanken lassen sich Konzepte der (Früh-)Romantik finden, beispielsweise die sogenannte progressive Universalpoesie, die der deutsche Philosoph Friedrich Schlegel (1772–1829) im 116. Athenäums-Fragment postuliert. Wagner schrieb dem Gesamtkunstwerk allerdings eine zusätzliche Komponente zu: Die beschriebene Synthese verschiedener künstlerischer Elemente könne die Rezipierenden und somit die Gesellschaft potentiell verändern.

In der Moderne wurde die Idee eines Gesamtkunstwerks fortgesetzt und inspiriert bis heute Künstler:innen, verschiedene Kunstformen zu verbinden und so der Vorstellung eines Gesamtkunstwerks näherzukommen. In den Geisteswissenschaften hingegen werden das Konzept und daran anknüpfende Fragen, ob es beispielsweise überhaupt ein solches gäbe, seither kritisch beleuchtet und hinterfragt.

Die Abgrenzung des Begriffs, seine Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch sowie nicht zuletzt die Rolle der subjektiven Wahrnehmung bei der Bewertung eines solchen, machen das Gesamtkunstwerk bis heute zu einem komplexen Thema, dessen Einordnung und Bewertung in verschiedenen Fachdisziplinen kontrovers diskutiert wird.

Unser Hauptbild

Pierre Patel (geb. 1605 in Picardy, gest. 1676 in Paris), Blick auf das Schloss von Versailles und die Gärten von der Avenue de Paris, Gemälde, ca. 1668, Öl auf Leinwand, 115,0 x 161,0 cm, Musée de l’Histoire de France, Versailles, Frankreich, Public Domain, Bild: collections.chateauversailles.fr

Literatur

Bermbach, Udo. Der Wahn des Gesamtkunstwerks. Richard Wagners politisch-ästhetische Utopie. Stuttgart / Weimar 2004.

Finger, Anke. Das Gesamtkunstwerk der Moderne. Göttingen 2006.

Vinzenz, Alexandra. Vision ›Gesamtkunstwerk‹. Performative Interaktion als künstlerische Form (Image Bd. 127). Bielefeld 2018.

Über die Autorin

Lara Konkel, M.A.

Lara ist Kunsthistorikerin, Kuratorin und Bloggerin. Auf ihrem Blog www.netztraktat.de teilt Lara ihre Begeisterung für die Kunstgeschichte und das Studium. Mit dem Projekt möchte sie die Wissenschaftsvermittlung der Kunstgeschichte im Internet stärken und so die Sichtbarkeit des Faches erhöhen.

Mit ihrem neuen Blick auf die Kunst(-Geschichte) widmet sich Lara im ArtVenture Club besonders den Newcomer:innen in der Kunstgeschichte und ist Ansprechpartnerin für Fragen rund um den Berufsstart. Zurzeit lebt und arbeitet Lara in Görlitz.

Zitiervorgabe

Text:
Lara Konkel

Zitiervorgabe:
Konkel, Lara. “Gesamtkunstwerk.” ArtVenture Club, 01.07.2024.
https://www.artventureclub.org/kunstweltglossar/g/gesamtkunstwerk/.

Verwendungshinweis:
Die Autorin erteilt die Erlaubnis, erweiterte Zitate aus dem Textmaterial zu verwenden. Im Falle eines Zitats muss die Originalquelle vollständig angegeben werden. Jede weitere Verwendung dieser Inhalte bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Urheberin.

zuletzt bearbeitet am:
1. Juli 2024

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